Trainings- und Leistungs­analyse im Triathlon

22. Juni 2022

– Fallstudie einer Langdistanz­athletin von Altersklassen- zur Profisportlerin

Masterarbeit von Henning v.d. Goltz (Oktober 2018)

In dieser Masterarbeit wurden das Training und die Leistung einer Triathletin in dem Zeitraum von 2007-2017 analysiert. In diesem Zeitraum wurde die Athletin vom Altersklassen- zum Profisportler in ihrer Sportart.

In der Trainingsanalyse wurden alle Trainingseinheiten von der untersuchten Sportlerin aus dem genannten Zeitraum je nach Zielsetzung und nach erbrachter Intensität einer von drei Intensitätszonen zugeordnet. Dabei sollte die Zone 1 Training mit einer Intensität unterhalb von 2 mmol/l Laktat, Zone 2 mit einer Intensität zwischen 2 und 4 mmol/l und Zone 3 mit einer Intensität oberhalb von 4 mmol/l darstellen. Daraus entstand eine Intensitätsverteilung der geleisteten Trainingszeit über den gesamten Untersuchungszeitraum von 76 % in Zone 1, 11 % in Zone 2 und 13 % in Zone 3. Dies kommt der von Seiler et al. berichteten optimalen Verteilung (75 %/5-10 %/15-20 %) sehr nahe. Außerdem wurde die verbrachte Zeit in den jeweiligen Disziplinen bestimmt. Dabei ergab sich eine Verteilung von 21 % Schwimmen, von 57 % Radfahren und von 22 % Laufen.

Diese Verteilung wurde für jedes einzelne Jahr durchgeführt und im Anschluss der wöchentliche Mittelwert der absoluten und relativen verbrachten Zeit in den einzelnen Zonen sowie in den Sportarten pro Jahr ermittelt. Das gesamte Training umfasste im Durchschnitt 14:47:30 Stunden in der Woche. Durch eine lineare Regression konnte festgestellt werden, dass der Trainingsumfang durchschnittlich um 2 % pro Jahr anstieg. Außerdem zeigte die angewandte Regression eine Steigerung des Trainingsumfangs in allen drei Sportarten und in Zone 2 sowie in Zone 3. Die Zone 1 stellte dabei eine Ausnahme dar, indem die Tendenz eine Minderung des Umfangs pro Jahr aufzeigte. Auffällig waren überdurchschnittliche Trainingsumfangssteigungen von bis zu 17 % unmittelbar vor einer schweren Verletzung, welche eine drastische Trainingsreduzierung mit sich brachte.

Als Zusatz wurde der Trainingszeitraum vor dem wichtigsten Wettkampf im Pro-Jahr in drei Phasen unterteilt. Diese stellten die Taperingsphase (zwei Wochen vor dem Wettkampf), die spezielle Vorbereitung (acht Wochen vor dem Tapering) und die allgemeine Vorbereitung (sechzehn Wochen vor der speziellen Vorbereitung) dar. Laut Literatur (Bosquet et al., 2007) sollte eine Reduzierung von 41-60 % des Trainingsumfangs von der speziellen Vorbereitung zur Taperingphase hin stattfinden. Nach den Berechnungen war die Reduzierung des Trainingsumfangs der Sportlerin bei nur durchschnittlich 20 %, selbst in Jahren einer größeren Reduzierung lag diese bei nur maximal 32 %. Außerdem ist zu erkennen, dass sie in der Taperingphase relativ mehr in der Zone 2 und in der Zone 3 trainierte und weniger in der Zone 1 gegenüber den anderen beiden Phasen (allgemeine und spezielle Vorbereitung). Auch dies entspricht nicht der Empfehlung von Bosquet et al. (2007), nach der in der Taperingphase dieselbe Intensitätsverteilung wie in den anderen beiden Phasen beibehalten werden sollte.

Die größten Änderungen im Training sind ab dem Jahr 2012 zu erkennen. Ab 2012 wurde das Trainingsvolumen deutlich jährlich gesteigert, die Sportartenverteilung blieb sehr konstant und es ist eine größere Reduzierung des Trainingsumfangs im Tapering festzustellen. Dies könnte durch den im Jahr 2011 vorgenommenen Trainerwechsel sowie durch die Änderung ihres Status vom Altersklassenathleten zum pro Athlet und die damit womöglich verbundene Erhöhung der verfügbaren Trainingszeit verursacht worden sein.

Die Leistungsanalyse betrachtete hauptsächlich die von der Triathletin durchgeführten Wettkämpfe. Dabei standen die Wettkämpfe auf der Mitteldistanz, auf der Langdistanz und nochmal gesondert auf der Langdistanz auf Hawaii im Fokus. Da die Bedingungen der unterschiedlichen Wettkämpfe innerhalb einer Distanz im Triathlon ungleich sind und somit die erbrachten Wettkampfzeiten der Wettkämpfe trotz der selben Leistungsfähigkeit des Sportlers sehr verschieden sind, wurde die Leistung der Sportlerin in den Wettkämpfen anhand des prozentualen zeitlichen Abstands zum Mittelwert der besten drei bzw. der besten zehn Teilnehmer des jeweiligen Wettkampfes beurteilt.

Dabei ist zu erkennen, dass ihre Wettkampfzeit auf der Mitteldistanz der Zeit der Top 10 und der Top 3 am nächsten ist bzw. dort schon selbst vertreten war. Die Wettkämpfe auf Hawaii zeigen den größten zeitlichen Abstand ihrer Wettkampfzeit zu den Top 10 und den Top 3 auf. Auffällig ist ihre gute Radfahrleistung auf der Mittel- und Langdistanz, da sie über den gesamten Untersuchungszeitraum in diesen Disziplinen den Bestplatzierten sehr nahe war. Im Laufen dagegen ist der zeitliche Abstand zu den Besten der Wettkämpfe am größten. Durch eine lineare Regression konnte gezeigt werden, dass die untersuchte Athletin sich im Verlauf des Untersuchungszeitraums bei allen drei Wettkampfkategorien in allen drei Disziplinen tendenziell verbesserte, mit der Ausnahme der Radfahrzeit auf der Langdistanz, bei der eine kleine Verschlechterung zu verzeichnen ist. Die größten Verbesserungen auf den unterschiedlichen Distanzen sind im Schwimmen zu erkennen und nur sehr geringe im Radfahren. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, dass sie bereits von Beginn bis zum Ende des Untersuchungszeitraums ein sehr gutes Niveau in der Disziplin Radfahren aufweisen konnte. Aufgrund der geringen Änderung des zeitlichen Abstands ihrer Wettkampfzeiten zu den Bestplatzierten könnte von einer Ausreizung der Adaptation der Leistungsreserve ausgegangen werden, wobei es trotz hohem Trainingsumfang nur zu sehr geringen Leistungsverbesserungen kommt (Koch, 2012, S. 115). Durch die Analyse des Laufens auf der Mitteldistanz und der Langdistanz könnte das Laufen als eine „Schwäche“ oder die Disziplin mit dem meisten Potential bezeichnet werden, da im Schwimmen die Tendenz der letzten Jahre auf beiden Distanzen deutlich Richtung Top 10 und Top 3 zeigt (Abbildung 14). Das Laufen weist den größten zeitlichen Abstand zu den Wettkampfzeiten der Top 10 und der Top 3 auf (Abbildung 16). In den Wettkämpfen auf der Mitteldistanz ist ihre Wettkampfzeit denen der Bestplatzierten am nächsten, gefolgt von denen auf der Langdistanz und am weitesten entfernt von denen auf der Langdistanz auf Hawaii.

Der letzte Teil der Arbeit befasste sich mit den Einwirkungen des Trainings in den drei Trainingsphasen auf die Wettkampfleistungen bei der Langdistanz. Dabei konnten mittels Korrelationen Tendenzen aufgezeigt werden, wie das Training gestaltet werden könnte, um möglicherweise erfolgreichere Wettbewerbsergebnisse zu erzielen. Ein Ergebnis dieser Berechnung beinhaltete die Empfehlung, einen möglichst hohen zeitlichen Umfang der Zone 1 in der allgemeinen und der speziellen Vorbereitung zu erzielen. Dies entspricht den Angaben der Literatur, nach der in diesen Trainingsphasen ein hoher Trainingsumfang mit niedriger Intensität durchgeführt werden sollte (Seiler et al., 2006, Hottenrott et al, 2002, S. 124). Dabei ist aber zu ergänzen, dass der Umfang der Zone 1 nicht zu sehr von Seilers et al. (2006) Empfehlung eines Trainingsanteils von 75 % in der Zone 1 abweichen sollte. Weitere Trainingstendenzen umfassen den Trainingsumfang bzw. die Trainingsintensität in der Taperingphase. Dabei sollte sie den Gesamtumfang im Tapering möglichst reduzieren bei einer gleichzeitigen relativen Erhöhung des Trainings in Zone 2. Außerdem soll laut den Korrelationen Krafttraining in der allgemeinen Vorbereitung zu einer verbesserten Schwimmleistung im Wettkampf führen.

Diese Ergebnisse sollten durch weitere Analysen mit mehr Daten überprüft werden. Außerdem wäre es von Vorteil, wenn in regelmäßigen Abständen physiologische Parameter im Untersuchungszeitraum erhoben werden würden. Zum einen in Form von Leistungsdiagnostiken, um eine kontinuierliche exakte Zoneneinteilung zu ermöglichen und zum anderen in Form von einer Erfassung von z.B. Herzfrequenz- und/oder sRPE-Werten im Training, um physiologische Entwicklungen des Trainings in die Analyse einbeziehen zu können.

Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Wettkampfleistung hat seine Grenzen, da der Wettkampf von vielen Einflussfaktoren (Trainingsvorbereitung, Ernährung während des Wettkampfs, Umweltbedingungen, Teilnehmerfeld, Material des Wettkampffahrrads oder der Laufschuhe, etc.) bestimmt wird und dadurch die tatsächliche Leistungsfähigkeit nicht immer zweifellos abgebildet werden kann.